Was war wann - Info Chronik 1958

Chronik 1958

Im Jahr 1958 beherrschten vor allem die beginnende (zweite) Berlin-Krise sowie die sich zur Staatskrise für Frankreich entwickelnden Ereignisse in Algerien die Schlagzeilen der politischen Weltpresse. Ebenso für Schlagzeilen sorgten die zahlreichen Proteste der sich formierenden Anti-Atom-Bewegung, die sich in erster Linie gegen den militärischen Nuklearbereich richtete. Die 1957 gegründete britische Anti-Atomwaffen-Bewegung „Campaign for Nuclear Disarmament, (CND)“ organisierte Ostern 1958 einen viertägigen Protestmarsch von London zum 80 km entfernten Atomforschungszentrum Aldermaston. Der regnerische Aldermaston-Marsch, an dem etwa 10.000 Demonstranten teilnahmen, begründete die Tradition der bald weltweit begangenen pazifistischen Ostermärsche. Für den ersten aller Ostermärsche wurde das rasch berühmt gewordene, entfernt an einen durch einen mittleren Strahl ergänzten Mercedes-Stern erinnernde Peace-Zeichen entwickelt. Die in einem Kreisrund stilisiert dargestellte, nach unten zeigende dreizinkige Gabel wurde als Kombination der Winker-Alphabet-Zeichen N (für „Nuclear“) und D (für („Disarmament“) ein prägnantes Symbol der Friedensbewegung. 
In der Bundesrepublik Deutschland vertrat die Bewegung „Kampf dem Atomtod“ vergleichbare Ziele. „Kampf dem Atomtod“ war 1957 als Reaktion auf Pläne der Adenauer-Regierung, die Bundeswehr atomar zu bewaffnen, entstanden und stellte ein breites Aktionsbündnis dar, zu dem vor allem SPD, Gewerkschaften, FDP und Kirchenvertreter wie Martin Niemöller gehörten. Nichtsdestotrotz verabschiedete der Bundestag, in dem die CDU/CSU-Fraktion die absolute Mehrheit der Sitze besaß, die Aufstellung von Bundeswehr-Atom-Einheiten unter NATO-Befehl (25. März). Daraufhin kam es zu bundesweiten Massenprotesten mit etwa 1,5 Millionen Teilnehmern sowie einigen politischen Streiks. Laut Meinungsumfragen lehnten mehr als 80 % der Bundesdeutschen das Atomwaffen-Projekt ab. Das Bundesverfassungsgericht erklärte am 30. Juli die von der SPD geforderte Volksbefragung zum Thema für verfassungwidrig. Ende Dezember entschied der NATO-Rat auf Wunsch Frankreichs, dass die Bundeswehr nicht über Atomwaffen verfügen dürfe. An der seit 1953 geübten Praxis der US-Amerikaner, in Deutschland eigene mit Atomwaffen ausgerüstete Einheiten zu stationieren, wurde bis 1991 festgehalten. 
Als Symbol für die eigentliche wertfreie Bedeutung des Begriffs „Atom“ erschien vielen Zeitgenossen das zum Wahrzeichen Brüssels gewordene Atomium mit seinen neun durch Röhren verbundenen Kugeln: Das riesige, begehbare Modell des Eisen-Atoms der Weltausstellung Expo 58.
KPdSU-Chef Nikita Chruschtschow konnte im März seinen Führungsanspruch in der poststalinistischen Sowjetunion März endgültig gegen parteiinterne Rivalen durchsetzen. Ministerpräsident Bulganin gab sein Amt als Ministerpräsident an Chruschtschow ab. Der so erheblich gestärkte Chruschtschow ließ Ende des Jahres die Muskeln spielen und löste die bis 1962 dauernde zweite Berlin-Krise nach der Berlin-Blockade 1948/49 aus. Er behauptete, das Potsdamer Abkommen sei von den drei Westmächten gebrochen worden und forderte die Abschaffung des Viermächte-Status von Berlin. Das seit 1957 von Willy Brandt (SPD) als Regierender Bürgermeister geführte West-Berlin sollte den Status einer entmilitarisierten „Freien Stadt“, ähnlich wie Danzig in der Zwischenkriegszeit, bekommen und den dritten deutschen Staat neben BRD und DDR bilden („Berlin-Ultimatum“). Die Westmächte lehnten diesen Vorstoß und die Drei-Staaten-Theorie von Chruschtschow entschieden ab. Sie beharrten auf den Viermächte-Status von ganz Berlin und betonten die Sonder-Zugehörigkeit von Berlin-West zur Bundesrepublik. Damit gab sich Chruschtschow nicht zufrieden, sondern kündigte weitere Schritte in Richtung Verwirklichung der Drei-Staaten-Theorie an. 
Für das deutsche Nachbarland Frankreich stellte das Jahr 1958 eine überaus dramatische Zäsur dar. Der seit 1954 tobende Krieg in Algerien, das formell als ein Teil Frankreichs wie die Normandie oder das Elsass galt, wurde von einer komplizierten Gemengelage von unterschiedlichen Interessen bestimmt. In Frontstellung zur französischen Kolonialmacht und den von der Pariser Regierung unterstützten weißen Algerienfranzosen („Pieds-Noirs“), die ihre Privilegien gegenüber der arabisch-berberischen Bevölkerungsmehrheit zu sichern versuchten, stand die militante Befreiungsbewegung FLN („Front de Libération Nationale“). Daneben gab es zahlreiche mit den Franzosen tatsächlich oder nur scheinbar kollabierende Einheimischen-Clans sowie zahlreiche Franzosen, die in Afrika oder in Europa für die Sache der FLN eintraten. Vor allem gab es aber die Masse der Bevölkerung, die zwischen die Fronten der Konfliktparteien geriet und von beiden Seiten sowohl instrumentalisiert als terrorisiert wurde. Die vom französischen Militär in Algerien, insbesondere dem Fallschirmjäger-General Jacques Massu, angewandten Methoden der Aufstandsbekämpfung („Französische Doktrin“) waren gekennzeichnet durch massiven Einsatz von Folter und Mord. Die extrem menschenverachtend-brutale „Französische Doktrin“ sorgte für Entsetzen, Empörung und Polarisierung in Frankreich und der übrigen Welt. Nachdem der als Anhänger einer Verhandlungslösung geltende Christdemokrat Pierre Pflimlin im Mai 1958 zum französischen Ministerpräsidenten gewählt worden war, putschten Massu und weitere Militärs in Algerien gegen die Regierung. Sie forderten auch einen Umsturz in Paris. In dieser kritischen Situation gelang es Charles de Gaulle, der bereits 1944 bis 1946 Regierungschef gewesen war, die Situation zu entschärfen und sich (erneut) als „Retter der Nation“ zu profilieren. De Gaulle, der auf Wunsch der Putschisten zum Regierungschef ernannt wurde, war es zu verdanken, dass eine bereits angelaufene Militäraktion der Putschisten gegen Paris gestoppt wurde. Auf De Gaulles Betreiben hin wurde die seit 1946 geltende Verfassung Frankreichs („IV. Republik“) geändert und eine neue Verfassung („V. Republik“) ausgearbeitet, die dem Präsidenten eine überragende Stellung im politischen System einräumte. Die neue Verfassung wurde am 28. September durch eine Volksabstimmung legitimiert. Am 21. Dezember wurde De Gaulle zum ersten Präsidenten der V. Republik gewählt. Er führte den Krieg gegen die FLN (bis 1962) fort. 
Als Nachfolger des am 9. Oktober gestorbenen Papstes Pius XII. wählte das Konklave am 28. Oktober den als leutselig geltenden Angelo Giuseppe Roncalli zum neuen Pontifex der römisch-katholischen Kirche. Der ehemalige Patriarch von Venedig ging als Johannes XXIII. in die Geschichte ein.
In Deutschland (West) wurde weiterhin das Wirtschaftswunder gefeiert, allerdings zeigte der weltweite Wirtschaftsabschwung von 1958, verglichen mit der Situation in den USA oder in Großbritannien allerdings lediglich in abgeschwächter Form, auch in der BRD seine dämpfenden Auswirkungen. Vor allem für die Montanindustrie an der Ruhr begannen Krisenzeiten („Zechensterben“). 
Neun Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes schaffte es die Bundesrepublik, dem 1949 in Artikel 3 des Grundgesetzes erteilten Verfassungsauftrag, die rechtliche Stellung der Frau dem des Mannes gleichzusetzen, ein wesentliches Stück näher zu kommen. Das 1957 verabschiedete Gleichberechtigungsgesetz trat am 1. Juli in Kraft. Das Gesetz gab den Ehefrauen unter anderem das Recht, ohne Zustimmung ihres Gatten eine Berufstätigkeit aufzunehmen.
Viele Zeitungsleser und Fußballfans des Jahres 1958 waren entsetzt über ein Flugzeugunglück, das sich am 6. Februar in München-Riem ereignete („Munich Air Crash“). Ein Flugzeug der Britisch European Airways kam von der Startbahn ab und explodierte. Unter den 23 Todesopfern waren acht Top-Fußballspieler von Manchester United. Für Entsetzen anderer Qualität sorgte vor allem bei Frauen mittleren Alters die Meldung, dass der Schah von Persien sich von seiner Frau Soraya wegen Kinderlosigkeit scheiden ließ.
Viele Deutsche hörten 1958 den sanften US-Instrumental-Welthit „Sail Along Silvery Moon“ von Billy Vaughn & Orchestra und Fred Bertelmann mit seinem „Der lachende Vagabund. Ähnlich harmlos kam auch Soft-Rocker Peter Kraus mit „Hula Baby“ und „Mit 17“ daher. (mb)